Es ist die Aufgabe der Stadt Münster kinderfreundliche Wohnbedingungen für ihre Bewohner zu schaffen. Auf der Grundlage von Daten, die uns das Amt für Stadtentwicklung, Stadtplanung und Verkehrsplanung der Stadt Münster zur Verfügung stellt, haben wir politische Gestaltungsmaßnahmen untersucht, die die Lebensbedingungen von Familien in Münster beeinflussen, unsere Ergebnisse grafisch aufbereitet und Einschätzungen der Verantwortungsträger eingeholt.
Zunächst haben wir uns angeschaut, wie sich Münsters Familien geographisch im Stadtgebiet verteilen. Die folgende Karte stellt dafür den Prozent-Anteil der Haushalte mit Kindern in den einzelnen Stadtteilen dar. Über einen Mausklick auf den Namen der jeweiligen Stadtteile wird sowohl die Gesamtzahl der Haushalte als auch die Zahl der Haushalte mit Kindern angezeigt.
Es fällt auf, dass verhältnismäßig wenige Familien im Zentrum der Stadt leben. Die Wohungslage im Stadtkern ist von Hause aus relativ angespannt. Doch die attraktive Nähe zur Innenstadt scheint nur wenige Familien anzuziehen. Die meisten Familien leben etwas außerhalb; insbesondere im Nordosten (Coerde und Handorf) und im Südwesten (Albachten und Amelsbüren) des Stadtgebiets gibt es überdurchschnittlich viele Haushalte mit Kindern.
In einem engem Zusammenhang mit der Lage des Wohnortes steht die Suche nach einem Kita-Platz. Insbesondere in Großstädten fällt es den Eltern oft schwer, einen Betreuungsplatz zu finden. Kindertagesstätten leisten jedoch, neben der zeitlichen Entlastung der Eltern, einen wichtigen Beitrag in der Erziehung des Nachwuchses. Dem Familienwegweiser des Bundesministeriums für Familien zufolge soll sich jedes Kind dort „zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit“ entwickeln, etwa lernen mit Gleichaltrigen umzugehen und fachkundige Betreuung durch ErzieherInnen erhalten. Die Bereitstellung solcher Plätze für alle Kinder ist daher eine wichtige, im Gesetz festgeschriebene Aufgabe der Stadt Münster. Insgesamt stehen derzeit 7.936 Plätze für 7.676 Kinder zur Verfügung, mit 95 neu geschaffenen Plätzen für das Jahr 2016/2017 (Quelle: Bericht zur Kindertagesbetreuung in Münster Zum Kindergartenjahr 2016/2017,
V/0298/2016, herausgegeben vom Amt für Kinder, Jugendliche und Familien). Eine zahlenmäßige Knappheit herrscht also nicht vor.
Die Vermittlung von Betreuungsplätzen in den Kindertagesstätten erfolgt in Münster über den Kita-Navigator. Eltern registrieren ihre Kinder dort und geben bis zu sieben Wunsch-Kitas an. Gleichzeitig ist es möglich, die Kindertagesstätten Münsters nach Wunschkriterien zu filtern. So können Eltern die passenden Betreuungsstätten für ihre Kinder finden. Die Stadt Münster leitet die Daten der Eltern an die entsprechenden Kindertagesstätten weiter, diese setzen die Kinder dann auf die Wartelisten.
Auch wenn der Kita-Navigator das Anmeldeverfahren für die Eltern erheblich vereinfacht, kann die Stadt nicht garantieren, allen Kindern schnellst möglichst einen Betreuungsplatz bieten zu können. Je nachdem wie ausgelastet die jeweiligen Wunschkitas sind, müssen Eltern oft lange Wartezeiten einplanen. Zudem können die Eltern bei ihren Wunschkitas keine Prioritäten angeben. So kann es sein, dass Kinder einen Platz in einer Betreuungsstätte bekommen, die weit weg von der Wohngegend liegt. Eltern müssen dann oft lange Wege und Autofahrten in Kauf nehmen, um ihre Kinder zum Kindergarten zu bringen und wieder abzuholen. Dies verschlechtert die Verkehrssituation in Münster insgesamt und hält auch davon ab, anstelle des Autos umweltfreundlichere Transportmittel wie etwa das Rad zu benutzen.
Die folgende Karte zeigt, in welchem Verhältnis die in jedem Stadtteil vorhandenen Kita-Plätze zu der Zahl der tatsächlich dort lebenden Kindern stehen. Sie weißt so Über- und Unterangebote an Betreuungsplätzen in den jeweiligen Stadtteilen aus. Sowohl die Verteilung für unter Dreijährige als auch die für über Dreijährige sind in der Karte eingetragen: zwischen den beiden Ansichten kann man mit den Reglern im Menü „visible layers“ wechseln. Das genaue Verhältnis von Betreuungsplätzen und Kinder zeigt ein Infofenster bei einem Mausklick auf den jeweiligen Stadtteil.
Zunächst wurde der Hansaplatz aus der Betrachtung der Plätze für 3-6-Jährigen herausgenommen, da seine Quote von 230% einen Ausnahmefall darstellt und die Karte verzerrt hätte.
Bei der Betrachtung der Ergebnisse für die Unter-Dreijährigen fällt nun – unter Einbeziehung der ersten Karte – auf, dass ausgerechnet in einigen zentralen Vierteln, die eine unterdurchschnittliche Anteil an Familien beheimaten, sich eine hohe Anzahl von Kitas befindet. Das Stadtzentrum bietet zwar eine gute Erreichbarkeit für möglichst viele Familien aufgrund seiner mittigen Lage, ist durch den äußeren Verkehrsring und enge Straßen in der Innenstadt jedoch ein angespannter Verkehrsraum. Dieses Überangebot im Zentrum ergibt natürlich ein gegenpoliges Unterangebot an anderer Stelle: in Coerde (einer der familienreichsten Stadtteile) und Kinderhaus-West/-Ost müssen jeweils mehr als 60% der dort wohnenden Kinder in einen anderen Stadtteil gebracht werden, um einen Kita-Platz zu bekommen. Dies beeinträchtigt die Lebensqualität der dort lebenden Familien und das Ansehen des Stadtviertels an sich für mögliche Neuzuziehende.
Für die Über-Dreijährigen sieht das Bild besser aus: hier gibt es nur leichte Überangebote in bestimmten Vierteln (um die 120%) und leichte Unterangebote in anderen (um die 90%). Aus diesem positiven Gesamteindruck fällt ingesamt nur der Bezirk Südost heraus: alle anderen Stadtbezirke gleichen die Schwankungen der Viertel untereinander aus und erreichen eine Versorgungsquote von über 100%, während im Bezirk Südost diese im letzten Jahr von 96% auf 92% fiel. Um diese Entwicklung aufzufangen, befinden sich mehrere Projekte in Planung: in Wolbeck sollen bis 2020 weitere 106 Ü3-Plätze in zwei Kitas entstehen, während in Gemmendorf auf dem Gebiet der York-Kaserne eine Kita mit 220 Plätzen entstehen soll. Letztere Überlegungen stecken jedoch noch in den Kinderschuhen, und es könnte 3 bis hin zu 12 Jahre dauern, bis dieses Projekt Wirklichkeit wird.
Natürlich muss bedacht werden, dass Geburtenjahrgänge teils schwer vorherzusagen sind und mit gewissen überraschenden Schwankungen gerechnet werden muss, auf welche die Stadt nur im Nachhinein mit Planungsmaßnahmen reagieren kann. Unter diesen Bedingungen scheint die Stadt Münster einer ausgewogenen Verteilung der Kita-Plätze recht nahe zu kommen.
Neben den Kitas als Orten der Förderung und Bildung brauchen Kinder auch Freizeitangebote und Möglichkeiten, sich sportlich zu betätigen. In Zeiten von Wohnraumknappheit, die auch Münster erheblich betrifft, sind der Allgemeinheit frei zugängliche Räume für Freizeit und Erholung besonders wichtig. Daher haben wir auch die Spielplatzdichte und ihre Verteilung in den Blick genommen.
Die nachfolgende Karte zeigt zunächst die Position aller Spielplätze in Münster. Jeder rote Kreis stellt einen Spielplatz dar, ein Mausklick zeigt seine Größe in Quadratmetern an. Die schwarzen Umrisse markieren die Stadtteilgrenzen.
Neben der Betrachtung jedes einzelnen Spielplatzes haben wir diese ebenfalls wieder auf die Stadtviertel bezogen. Für die nachfolgende Karte haben wir die Gesamtfläche aller in den Stadtteilen vorhandenen Spielplätze durch die Anzahl der Haushalte mit Kindern geteilt, um herauszufinden, wieviel Raum Familien jeweils geboten wird.
Das Aegidii-Viertel ist hierbei ein Ausreißer: ein geringer Anteil an Familien und ein einziger, durchschnittlich großer Spielplatz machen es unvergleichbar mit anderen Stadtteilen, deshalb ist es nicht in der Karte dargestellt.
Große Überraschungen zeigen sich bei den anderen nicht: in der Innenstadt sind, wohl gleichermaßen bedingt durch eine niedrige Anzahl von Familien als auch der engen Platz-Situation, wenige und kleine Spielplätze vorhanden. Mit wenigen Ausnahmen finden sich in den Randbezirken größere Angebote an Spielplätzen; insgesamt sind die Quadratmeterunterschiede zwischen den Vierteln nicht allzu groß, sondern bewegen sich im Rahmen von 1 bis 6 Quadratmetern pro Familie.
Beim Bau von Spielplätzen versucht sich die Stadt am Bedarf ihrer Bürger zu orientieren, das bestätigte Jörg Hoffman vom Grün- und Spielflächen-Amt der Stadt Münster. Statistiken und Zahlen sind nur ein Teil der Bedarfserschließung. Wichtig ist auch die Begehung der Plätze. Abnutzungsspuren an Spielgeräten zeigen, wie intensiv ein schon vorhandener Spielplatz genutzt wird. Gleichzeitig sei es wichtig, das die Spielflächen gut zu erreichen sind.
Schaut man sich die Lage der Spielflächen an, gibt es an einigen Stellen ein augenscheinliches Überangebot. Oftmals handelt es sich aber um Plätze, die durch Hauptstraßen – für Kinder oft unüberquerbare Wege – getrennt sind. Der Bedarf an Spielplätzen orientiert sich auch an deren jeweiliger Lage, sagt Hoffmann. Viele Einfamilienhäuser haben Schaukeln oder Sandkästen im Garten. Ein Spielplatz in einem derartigen Wohngebiet sehe anders aus als einer, der inmitten vieler Hochhäuser liegt. Dort sei es vor allem wichtig, das Kinder Platz zum Rennen, Ball spielen oder Toben haben. Generell, sagt Spielflächenplaner Hoffman, versuche die Stadt nicht nur Spielplätze für Vor- oder Grundschulkinder zu bauen, sondern auch Jugendliche einzubinden (durch Skateparkours oder Slacklines). Generationenübergreifendes Spielen sie das Ziel, das die Stadt anstrebe.
Wie es auch die Daten des Statistikamts zeigen, ist das große Hindernis, das der Stadt beim Bau von Spielplätzen im Weg steht, die fehlende Fläche. Bei Bau neuer Wohngebiete in den äußeren Stadtvierteln, sagt Hoffmann, plane die Stadt auch immer einen Teil Spielfläche ein. Doch die Viertel in der Innenstadt seien mehr als ausgelastet. Platz für neue Spielflächen gebe es dort nicht. Die Stadt experimentiere in diesen Bereichen aber mit neuen Ideen. Hoffmann verwies unter anderem auf öffentlich zugängliche Schulhöfe.
Neben den speziell auf die Bedürfnisse von Kindern ausgerichteten Spielplätzen sind auch Parks und Grünflächen mögliche Freizeitorte für Familien. Dabei bieten diese Plätze zusätzlich noch allen anderen Anwohnern ebenfalls eine Rückzugsmöglichkeit aus städtischer Enge. Nichtsdestotrotz haben wir, da unser Fokus auf der Situation von Familien lag, hier wieder die ingesamt zur Verfügung stehenden Quadratmeterzahlen an Erholungsflächen durch die Anzahl der Haushalte mit Kindern geteilt.
Nicht überraschenderweise bieten die zentralen Viertel der Innenstadt die kleinsten Grünflächen für Familien (mit Ausnahme des Schlossviertels, in welchem sich der botanische Garten der Universität befindet). Schon Sentrup und Uppenberg jedoch bieten sehr nahe an der Innenstadt große Maße an Natur, Eltern müssen also nicht bis an den Stadtrand dafür fahren. Insgesamt fällt auf, wieviel an Erholungsfläche in Münster vorhanden ist: selbst die bebautesten Viertel können mehr als 100 Quadratmeter pro Haushalt mit Kindern aufweisen.
So bemüht sich die Stadt Münster, ein möglichst gutes Umfeld für Familien und deren Nachwuchs zu schaffen. Dabei kämpft sie mit den gleichen Problemen, vor allem der Platzknappheit, der auch andere Großstädte ausgesetzt sind. Die verantwortlichen Behörden versichern jedoch, sich der Schwierigkeiten bewusst zu sein und sich weiterhin dafür einzusetzen, dass Münster seine jüngsten Mitbewohner nicht vergisst.
Anmerkung: Alle Darstellungen sind insofern vereinfachend, als dass Einrichtungen (wie Spielplätze, Kitas etc.) eindeutig einem Stadtviertel zugeordnet werden. Natürlich kann eine Kita nahe der Schnittstelle zweier Grenzen liegen und somit für Familien beider Stadtteile nützlich und erreichbar sein, doch die für eine feinere Darstellung notwendige Arbeit hätte den Umfang dieses Seminars weitaus überstiegen. Auch diese Darstellungen liefern schon wertvolle Einblicke und ermöglichen Einschätzungen der Situation für Münsters Familien.