Entwicklung der Unihochburgen in NRW

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Es scheint sich um einen Trend zu handeln, der immer mehr Anhänger findet: Das Studium an einer Universität. Immer mehr junge Menschen zieht es nach ihrem Schulabschluss an diverse Hochschulen, um an ihre schulische Bildung anzuknöpfen. Dabei wird besonders deutlich, dass sich zunehmend Hotspots herausbilden – Städte, in denen die Zahl der Studenten stetig ansteigt. Wie genau dieser Wandel in Zahlen aussieht, welche Aussagen man über die Studierenden selbst treffen kann und wie die aktuelle Entwicklung aus soziologischer Perspektive gedeutet werden kann, wird anhand diverser Daten aus den Jahren 2002 bis 2014 zu Uni-Hochburgen in Nordrhein-Westfalen deutlich.

Vergleicht man die zwölf Uni-Hochburgen Nordrhein-Westfalens (Münster, Bonn, Aachen, Bochum, Köln, Bielefeld, Paderborn, Düsseldorf, Dortmund, Wuppertal, Siegen, Duisburg-Essen) in der Quote von Studenten pro Einwohner miteinander, so fallen zunächst die deutlichen Unterschiede zwischen den einzelnen Hochschulorten ins Auge.

 

Während sich Münster, Aachen und Bonn kontinuierlich an der Spitze des Vergleichs halten, liegen Städte wie Siegen, Düsseldorf und Dortmund weiter hinten. Dennoch eint die Städte der Aufwärtstrend. Mit einigen Einbrüchen in der Zwischenspanne, hat sich bei ausnahmslos allen Städten der Anteil an Studierenden pro Einwohner erhöht. Der Soziologe Prof. Dr. Christoph Weischer, stellvertretender geschäftsführender Direktor des Instituts für Soziologie in Münster, bestätigt den Aufwärtstrend: „Fakt ist, dass immer mehr junge Menschen eine akademische Ausbildung anstreben.“ Er erklärt, dass zum einen die Entwicklung der Berufswelt mit den Veränderungen einhergehe, zum anderen aber auch die Verlagerung von praktischeren Ausbildungen an Universitäten zunehme. Mittlerweile sei es deutlich schwieriger ohne Studium an einen Job mit hohem Stellenwert zu kommen. Früher sei das noch anders gewesen. Hinzu käme, dass beispielsweise die Ausbildung zum Erzieher nach skandinavischem Vorbild mittlerweile zunehmend häufig auf universitärer Ebene stattfinde. Hier sieht Weischer einen entscheidenden Ursprung für den Aufwärtstrend.

Doch nicht nur die Zahl der Studenten per se befindet sich im Wandel. Auch die gesellschaftlichen Strukturen innerhalb der Studentenschaft scheint sich zu verändern. Betrachtet man die Geschlechterverteilung der ausgewählten Universitäten Nordrhein-Westfalens, kristallisiert sich das „Männer-Monopol“ der RWTH Aachen heraus. Über den Jahresvergleich hinweg liegt die technische Universität mit ihrer Männerquote weit vor den anderen Universitäten, wobei die Anzahl der Männer stetig steigt. Im Gesamteindruck der anderen Universitäten geht die Männerquote jedoch zurück.

 

Ursache dafür mag ein emanzipatorischer Effekt sein, äußert sich Soziologe Weischer. Er ergänzt, dass Männer zwar häufig berufsorientierter als Frauen studieren, das aber noch lange nicht hieße, dass es sich bei Universitäten um reine Männerdomänen handele. Die Monopolstellung hinsichtlich der Geschlechterfrage an der RWTH Aachen lässt sich für Weischer einfach klären: „An einer technischen Hochschule studieren mehr Männer als Frauen, was wohl anhand der geschlechtlichen Interessen zu begründen ist.“
Durch die in der Gesamtheit steigenden Zahl von Studenten an Universitäten, stellt sich zudem die Frage, wie viele ausländische Studenten die Universitäten besuchen und ob hier ein Wandel zu erkennen ist. Während zu Beginn des Jahrtausends noch Aachen mit gut 17% vorne liegt, hat bis 2014 die Universität Duisburg-Essen den Spitzenwert von rund 18% erreicht. Auch hier fallen insgesamt drei Städte auf, die den Vergleich anführen: Aachen, Duisburg-Essen und Düsseldorf. Städte wie Münster, Paderborn und Bielefeld verbuchen zum Teil nur die Hälfte.

 

Im gesamten Überblick hält sich die Zahl der ausländischen Studenten über die Jahre hinweg. Weischer erklärt die Spitzenposition der Universität Duisburg-Essen mit der Lage im Ruhrgebiet. Es leben viele Migrantenfamilien in dieser Region, deren Nachfahren zweiter oder dritter Generation nun in der heimischen Gegend studieren. Aber auch die Ballung der vielen Industriestädte locke zahlreiche Studenten aus dem Ausland. Dass in Städten wie beispielsweise Münster eher wenige Ausländer studieren, lässt sich laut Weischer ebenfalls begründen: „Münster weist eine andere Gesellschaft als das Ruhrgebiet auf. Hier leben zahlreiche Akademiker, deren Kinder dann meist in die Fußstapfen der Eltern treten.“

Die Zahl der Studierenden an Universitäten steigt und an diesem Trend scheint sich vorerst nichts zu ändern. Diverse Gründe tragen zu dieser Entwicklung bei. Maßgeblich sind dabei sicherlich die Veränderungen des Berufs- und Bildungssystems. Wie sich die Zahl und Demografie der Studierenden in Zukunft entwickeln wird, bleibt abzuwarten.

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Zur Vereinfachung wurden als Basis für die Berechnungen die offiziell in den jeweiligen Städten als wohnhaft gemeldeten Studenten verwendet. Pendler aller Universitäten wurden somit nicht berücksichtigt.